Vater, Mutter, Staat – das neue Familienoberhaupt
– wie Sozialklempner die Familie systematisch zerstören.
Die systematische Durchdringung der Familie ist für Sozialisten jeglichen Couleurs seit Jahrhunderten ein willkommenes Werkzeug zur Durchsetzung Ihrer Interessen. Dabei war die Familie einst und heute in ihrem schlummernden Kern nicht Werkzeug, sondern ein Verteidigungswall für Freiheit, Selbstverantwortung sowie echter Solidarität im Sinne von zwangloser Unterstützung schwächerer Glieder einer kommunalen Gesellschaft.
Der Gedanke, dass eine natürlich gereifte Institution in Form der traditionellen Familie koexistiert, ist für den Monopolisten Staat unerträglich, schafft die Familie doch eine Angebotsvergrößerung von Gütern, die der Staat sich einzuverleiben versucht.
Während das staatliche Sozialsystem nur eine kühle Umverteilungsmaschine ist, die mit freiwilliger Solidarität im Sinne der christlichen Nächstenliebe so viel zu tun hat wie Martin Schulz ein überzeugter Europäer ist, bietet die Familie meist sichere Zuflucht in finanziell schwierigen Zeiten. Es bleibt nicht beim monatlichen Gruß auf dem Kontoauszug, sondern das schwache Familienmitglied wird durch Zuspruch und durch temporären Zuwendungen unterstützt – nicht aber umsorgt, bleibt bei der temporären Unterstützung durch die Familie auch immer das Gefühl des „Aushaltens“ im Hinterkopf. Der Betroffene ist bemüht, seiner Familie so wenig und so kurz wie möglich zur finanziellen und seelischen Last zu fallen. Es bleibt: Blut ist dicker als ein anonymer Staatsapparat, der durch „moral hazards“ (Jörg Guido Hülsmanns, „The political Economy of moral hazard“), also durch staatliche Intervention verursachte moralische Fehlleitungen das Problem der Arbeitslosigkeit befeuert statt lindert.
Doch Blut ist nicht nur dicker als Wasser oder der Staat, sondern zudem noch voll mit Vitamin F, dem weitaus effektiveren Vitamin B(eziehung) – Familie bedeutet zugleich auch Seilschaft. Vom heutigen Zeitgeist verspottet, zieht sich der Seilschaftsgedanke – besonders belebt vom studentischen Verbindungswesen– still und heimlich durch die Wirtschaft. Doch warum ist die familiäre Seilschaft der staatlichen Arbeitsvermittlung überlegen? Der familiäre Seilschaftsgedanke ist ein symbiotischer: Stellt ein Firmeninhaber ein Familienmitglied ein, so kann er eine erhöhte Loyalität und Arbeitskraft erwarten – während sich bei nicht-familiären Bewerbern die Persönlichkeit und Arbeitsmoral erst nach einigen Monaten herausstellt, weiß der Arbeitgeber beim Familienmitglied, woran er ist. Zu erwarten ist auch, dass sich das Familienmitglied eher mit dem Unternehmen identifiziert (und es somit effizienter vertreten kann) als ein außenstehender Arbeitnehmer. Für jenen ergibt sich eine Chance, die er auf normalem Weg nicht erhalten hätte.
Mit dieser symbiotischen Beziehung kann keine behördliche Arbeitskartei mithalten, beinhalte sie noch so viele Persönlichkeitstests und amtliche Einschätzungen.
Oft kritisiert werden beim Seilschaftsgedanken Auswüchse in Form von Dynastien, also familiärer Machtausübung über Jahrhunderte. Zu beachten ist dabei, dass erst das gefährliche Rendezvous von autoritärer Macht und dem Seilschaftsgedanken das Elixier Vitamin F verdirbt und zu einem langwierigen Teufelskreis versalzt. Der Keim dieses Übels ist jedoch nicht die Fortsetzung einer solchen Tyrannei, sondern vielmehr der Kern dieser, nämlich die Möglichkeit für wenige, ein autokratisches System zu errichten.
Aus arbeitstechnischer und sozialer Perspektive ist die Familie also dem Staat überlegen, doch damit nicht genug.
Familiäres Zusammenleben prägt Verhalten, Einstellung sowie Wertegefühl des Individuums: Eltern vermitteln Ihren Kindern ein Wertevermögen, wie es Ihnen für richtig erscheint. Die grundsätzliche Frage sollte gestellt werden: Ist der Staatsapparat fähig, das individuelle Wesen eines Kindes zu berücksichtigen, die Persönlichkeit des Kindes mit all seinen Eigenheiten zu würdigen und entsprechend Werte zu vermitteln, die für das Agieren im direkten Umfeld von Wichtigkeit sind? Was für übernatürliche Wesen müssen in einem Bildungsministerium sitzen, um die Persönlichkeiten von Millionen Kindern zu achten und zu fördern? Oder sind nicht vielmehr die eigenen Eltern selbst in der Lage, ihrem Kind, das bei ihnen lebt, von ihnen ernährt und aufgezogen wird, dessen Eigenheiten sie in jeder Facette kennen, ein solches Wertevermögen zu vermitteln?
Die Antwort liegt auf der Hand. Wer sich nicht zu sozialkonstruktivistischen Idealen bekennt, muss stets der Familie die alleinige Erziehungsverfügung geben – Bildungspläne, „Toleranzunterricht“, „wertevermittelnde Fächer“ und weitere ideologischen Ergüsse sind aus freiheitlicher Sicht streng abzulehnen. Wahrscheinlich ist ein wehrhafter Widerstand gegen solche Eingriffe erste Pflicht eines Liberalen, beginnt die Indoktrination doch in der staatlichen Erziehung und Bildung. Aus historischer Perspektive möge man sich vor Augen halten: Die bewusste Entrechtung der Familie ist kein Relikt der Kaiserzeit, sondern ein akribisch geplanter und vollzogener Schachzug der Nationalsozialisten – durch die Durchdringung des privatesten des Privaten, dem familiären Leben und dessen Kompetenzen durch das „kälteste aller kalten Ungeheuer“ (F. Nietzsche), also den Staat, konnte Le Bons Psychologie der Massen überhaupt keimen.
„Utopisches Gerede!“, „realitätsfern“ wiederholen Politiker gebetsmühlenartig. „Zerrüttelte, entfremdete Familien und Kinderlosigkeit!“ werfen Soziologen hektisch in den Raum – ohne die Ursache zu erforschen. Der familiäre Zusammenhalt ist massiv geschwächt – doch warum?
Weil er schlicht und ergreifend nicht mehr nötig ist. Warum großartig um die Kinder kümmern, wenn es doch der Staat macht? Warum Werte vermitteln, wenn dies doch „geschulte“ Beamte tun? Warum überhaupt Kinder anschaffen, wenn sie doch nur eine finanzielle Belastung darstellen? Warum die Eltern pflegen, wenn Ihnen doch ein Platz im staatlichen Pflegeheim blüht? Warum Respekt vor den Eltern haben, wenn man nicht auf Ihre Zuwendungen für Bildung und Auskommen angewiesen ist, da der Staat dies übernimmt?
Der familiäre Generationenvertrag wird überflüssig, sobald der Staat sich erdreistet, private Sicherungssysteme in die Hand der Allgemeinheit zu legen. Bewährte Grundsätze, wie die Mehrgenerationenfamilie, in der Großeltern gepflegt und im Gegenzug für die Betreuung der Kinder gesorgt ist, werden unattraktiv. Der Gedanke, dass Kinder ein Garant für die soziale und finanzielle Sicherung im Alter sind, wurde dem Bürger längst ausgetrieben. Geben-und-Nehmen sowie die christliche Nächstenliebe mutieren zu schwammigen Schlagbegriffen und haben ihre Bedeutung verloren, da der bewährte Familiengedanke mit seinen Leistungen durch schlechte und anonyme Leistungen aus der Hand des Leviathans (nach der Theorie von T. Hobbes) abgelöst wird.
Roland Baaders berühmter Traum, der Prolog des Klassikers „Kreide für den Wolf“ ist zugleich eine Traumdeutung der heutigen Gesellschaft:
„Was ich brauche, das sind: Freunde, Familie und rechtschaffene Christenmenschen, in guten und in schlechten Zeiten; und ich bin Freund, Familienmitglied und Christ; auch dann, wenn es anderen schlecht geht; aber dazu brauche ich keine Funktionäre und Schmarotzer, keine bezahlten Schergen und staatsverordnete Wohltäter. Dazu brauche ich nur die mir Nahestehenden und den Herrgott. Hier stehe ich. Gott helfe mir! Ich kann nicht anders!“
– kein Beamter, kein Sozialkonstruktivist und kein Gesellschaftsingenieuer mag sich in Baaders Traum mogeln, doch eine Mehrheit der Bevölkerung schlafwandelt und lässt den Leviathan am familiären Esstisch Platz nehmen. Selbst in ihren kühnsten Träumen scheinen finanzielle Sicherung, Fürsorge und Erziehung – seit Jahrtausenden durch die Familie sichergestellt – nur durch den Staat als Familienmitglied möglich, der sich diese Kompetenzen still und heimlich angeeignet hat und nun – frei nach dem Motto „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ – staatliche Leistungen alternativlos in die Schüsseln klatscht. Freiheit erfordert Mumm und Courage, manchmal auch den entscheidenden Mut, den Staat vor die Tür zu bitten.